Jetzt mal ganz ehrlich: Gibt es einen schöneren Anlass zu feiern als die Geburt eines Kindes? Wohl kaum! Somit ist es nicht verwunderlich, dass diverse Bräuche existieren, mit denen neue Familienmitglieder willkommen geheißen werden und die mitunter zu einem fröhlichen Zusammensein von frischgebackenen Eltern, Verwandten und Freunden der Familie führen. Sie wissen noch gar nicht, welche Bräuche es im Detail hierzulande in dieser Hinsicht gibt? Dann wird es Zeit, sich schlauzumachen – erst recht, wenn Sie Eltern aus Ihrem Freundeskreis anlässlich der Geburt eines Kindes eine Freude bereiten möchten oder sogar selbst bald Nachwuchs erwarten. Im ersten Teil des Artikels „Familienzuwachs – Ein Baby will gefeiert werden“ stellen wir Ihnen eine Auswahl teils regional geprägter Bräuche vor!
Familienzuwachs feiern: Regionale und überregionale Bräuche
Freunde und Verwandte spielen häufig eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, den Familienzuwachs zu feiern: Sie sind oft nicht nur Gäste, sondern sorgen mitunter auch selbst für Überraschungen und festliche Stimmung. Wie Freunde und Verwandte die Freude über einen neuen Erdenbewohner kundtun, kann regional unterschiedlich ausfallen. Es gibt in dieser Hinsicht allerdings auch Bräuche, die sich nahezu flächendeckend in Deutschland verbreitet haben – sicherlich auch aus dem Grund, da sie einfach herzallerliebst sind und den frischgebackenen Eltern viel Freude bereiten. Hierzu zählt vor allem die Sitte, das Baby und seine Eltern mit Willkommensgrüßen der dekorativen Art in ihrem Zuhause zu empfangen.
Das Besondere an diesen Willkommensgrüßen: Oft wird nicht einfach die Wohnung der Eltern, die kürzlich ein Kind bekommen haben, von Freunden und Verwandten geschmückt! Von der Geburt sollen vielmehr möglichst zahlreiche Leute erfahren, sodass die Dekorationen oft gut sichtbar über der Haustür, im Garten oder gar auf dem Hausdach angebracht werden. Zu einem solchen Schmuck können zum Beispiel Wäscheleinen zählen, an denen Kinderkleidung hängt, und/oder eine Figur, die einen Storch nachbildet. Bekanntlich bringt dieser großer Vogel schließlich Glück und Nachwuchs! Das Schöne an der üppigen Dekoration ist, dass sie in der Regel bereits angebracht ist, wenn Mutter und Kind aus dem Krankenhaus zurückkehren: So zeigt sie den glücklichen Eltern, dass ihre Freunde und Verwandten an sie gedacht haben und sich unbändig mit ihnen freuen. Übrigens: Manchmal lässt sich ähnlicher Schmuck auch anlässlich einer Hochzeit finden. Hier steht dann im Vordergrund, dass Freunde und Verwandte dem Paar ausgiebigen Kindersegen wünschen.
Beim Schmuck allein muss es bei der Variante, die den tatsächlichen Nachwuchs begrüßt, aber natürlich nicht bleiben: Je nach Region und Vorlieben im jeweiligen Freundeskreis kann das Schmücken des Hauses auch mit einem richtigen kleinen Fest einhergehen – etwa mit einem solch feuchtfröhlichem, über das Sie im Folgenden mehr erfahren.
Norddeutsche „lassen das Baby pinkeln“
Keine Sorge! Beim Babypinkeln spielen volle Windeln natürlich allerhöchstens im übertragenen Sinne eine Rolle! Hier geht es vielmehr um ganz andere Flüssigkeiten – nämlich um solche, die mitunter reichlich Alkohol enthalten. Aber erst einmal der Reihe nach: Wurde im Freundes- oder Familienkreis ein Baby geboren, ist es vor allem im norddeutschen Raum üblich, dieses Ereignis ordentlich zu begießen. Genau zu diesem Zweck lädt entweder der Vater des Kindes zu einem Umtrunk ein, während Mama und Kind noch im Krankenhaus sind, oder das Babypinkeln wird auf einen späteren Zeitraum verschoben, wenn auch die Mutter an dieser Feierlichkeit teilhaben kann. In der Regel läuft dabei alles relativ leger ab: Man trifft sich zum Beispiel im Garten der frischgebackenen Eltern und die besagten alkoholischen Getränke und vielleicht auch ein paar einfache Snacks machen die Runde.
Dieses nette und lockere Beisammensein hat ganz offensichtlich nicht nur im norddeutschen Raum viele Freunde gefunden: Das Babypinkeln hat – zum Teil unter anderem Namen – einen Siegeszug durch fast ganz Deutschland angetreten. Natürlich gibt es dabei aber immer noch regionale Unterschiede: Mancherorts gibt es zum Beispiel spezielle Getränke, die für diesen Anlass genutzt werden, mitunter ist das Fest dem Vater und seinen männlichen Freunden vorbehalten und manchmal wird der bildhafte Bezug von „das Baby pinkeln lassen“ ersetzt durch den ebenfalls bildhaften Bezug „das Baby baden“. Weitere regionale Eigenarten sind möglich.
Der bayerische Bixnmacher
Wie Sie oben erfahren haben, können das Schmücken des Hauses der frischgebackenen Eltern und das Veranstalten eines Umtrunkes zwar regional unterschiedlich ausfallen, dennoch sind diese Bräuche in Deutschland recht weit verbreitet. Zeit, sich einmal einem Brauch zu widmen, der einen engeren regionalen Bezug aufweist. Und welche Region ist besser für ihre Eigenarten bekannt als Bayern? Nun gut: Auch in Bayern gibt es teilweise den Brauch des Babypinkelns. Etwas spezieller und von Norddeutschen sicherlich noch nicht intensiv wahrgenommen sind allerdings die Bräuche des Weisertweckenfahrens und der Bixnmacherei. Beginnen wir bei Letzterem: Bei der Bixnmacherei sind wieder zwei Aspekte relevant, die schon weiter oben angeklungen sind: 1. Wird auch hier geschmückt und 2. ist dieser „Schmuck“ in der Regel für jeden Passanten erkennbar, da er üblicherweise außen am Haus der Eltern angebracht wird. Es gibt aber auch Besonderheiten: Die Bixnmacherei wird nur dann veranstaltet, wenn ein Mädchen das Licht der Welt erblickt hat, und als Schmuck dienen für gewöhnlich zahlreiche leere Blechdosen sowie ein Schild mit der Aufschrift „Zur Bixnmacherei“. Der Hintergrund dieses Brauches ist zwar etwas uncharmant (Väter von Mädchen (die „Bixnmacher“) hatten es in vergangenen Zeiten schwer, unter andrem, da sie später die Hochzeit ihrer Töchter bezahlen mussten), ist aber in heutigen Zeiten natürlich nicht mehr wirklich relevant. Was bleibt, ist vielmehr ein Anlass, das Haus der Eltern zu schmücken, so auf die Geburt eines neuen Erdenbürgers aufmerksam zu machen und seine Freude darüber zum Ausdruck zu bringen.
Das bayerische Weisertweckenfahren
Natürlich müssen auch die „Buam“ in Bayern nicht darauf verzichten, gefeiert zu werden. Ein sehr spezieller, allerdings auch nicht weit in Bayern verbreiteter Brauch ist dabei das Weisertweckenfahren. Ein Weisertwecken ist ein Brot – und zwar ein ganz besonderes, das vor allem aufgrund seiner Ausmaße für Staunen sorgt: Seine Länge bestimmt sich anhand dessen, wie viel der neue Erdenbürger wiegt. Für jedes Pfund, das das Baby bei der Geburt gewogen hat, weist der Weisertwecken dann einen Meter Länge auf, sodass er schnell schon einmal sieben Meter oder – bei einem echten bayrischen Prachtbuam – auch länger ausfallen kann.
Dieses Brot muss zu den stolzen Eltern gebracht werden, sodass sich erklärt, warum das „Fahren“ bei diesem Brauch eine entscheidende Rolle spielt. Das Brot – hübsch verpackt und sicher auf einem länglichen Gegenstand platziert – wird von einer Mannschaft fleißiger Trachtler zum Beispiel auf einer Kutsche oder einem Traktor durch den Ort gefahren. Dabei halten die Helfer mitunter auch gerne, um sich auf vielerlei Weise zu stärken – natürlich mit Vorliebe auch mit etwas Alkoholischem, wenn man nicht gerade der Fahrer ist. Angekommen am Haus der Eltern muss das gigantische Brot noch ins Haus geschafft werden – dies gelingt aufgrund seiner Länge, und da er natürlich nicht brechen darf, oft nur, indem er durch ein Fenster bugsiert wird. Die Eltern dürfen das Brot dann in der Regel anbeißen, was Glück bringen soll, und sich natürlich bei den freundlichen Helfern mit Speis und Trank bedanken.